Freiheit oder Sicherheit: Wie viel davon tut uns eigentlich gut?

29. April 2020|Mindset|
Freiheit vs Sicherheit wie viel tut uns gut

Freiheit oder Sicherheit: Wie viel davon tut uns eigentlich gut?


Freiheit bedeutet für den Menschen, dass er die Fähigkeit und Möglichkeit hat, eigenmächtig handeln zu können.

Ich muss gar nichts, außer sterben.

Der Lieblingsspruch meiner Vaters. Naja, wo er Recht hat.. Müssen ist schließlich das Gegenteil von Freiheit. Wenn wir gar nichts müssen außer Sterben, sind wir Menschen dann abgesehen vom Sterben unendlich frei? Wir sind schließlich alle frei das zu tun was auch immer wir wollen. Wir dürfen Eis essen, Schuhe kaufen, Verträge abschließen, aber auch Ladendiebstahl begehen, Flugzeuge entführen oder vom Hochhaus springen ist möglich, der Definition von Freiheit sind keine Grenzen gesetzt. Aber was ist dann mit der Sicherheit? Und tut uns diese absolute Freiheit überhaupt gut?

Definition Freiheit

Schauen wir uns zu Beginn mal die Duden-Definition von Freiheit an: “Zustand, in dem jemand von bestimmten persönlichen oder gesellschaftlichen, als Zwang oder Last empfundenen Bindungen oder Verpflichtungen frei ist”. Denk mal darüber nach wie das ist, wenn du eine Entscheidung triffst. Welche Grundlage nimmst du zur Entscheidungsfindung? Ist es dein Wissen über die Sache, deine Gefühle oder wählst du einfach zufällig? Was auch immer es ist, glaubst du, dass du je eine Entscheidung getroffen hast, die der Duden-Definition entspricht? Ist es denn realistisch, dass wir komplett freie Entscheidungen treffen und trotzdem in einer funktionierenden Gesellschaft leben können?

Unsere Gesellschaftsformen haben es uns erst ermöglicht, viele viele Menschen auf engstem Raum zusammen wohnen zu lassen. Grundtreiber hierfür war die Entwicklung der Sprache, mit der wir Geschichten erzählen und in kurzer Zeit verbreiten konnten. In unserer Gesellschaft gehen Bindungen und Verpflichtungen immer mit einer eingeschränkten Freiheit einher. Dafür bekommen wir dann mehr Sicherheit und einen höheren Schutz für uns und die Menschen, die uns wichtig sind. Letztendlich wollen wir alle das gleiche, wir wollen positive Auswirkungen für eben jene Menschen. Eine gute Sache also?

Freiheit oder Sicherheit?

Wie viel Freiheit ist überhaupt gut für den Menschen? Wir sind alle so unterschiedlich, dass jeder eine andere Vorstellung von Freiheit hat. Gegenspieler der Freiheit ist immer die Sicherheit. Freiheit und Sicherheit sind absolut konträr. Wir können nicht mehr Freiheit haben ohne dabei auf Sicherheit zu verzichten. Wer mehr Sicherheit möchte wird zwangsläufig immer etwas Freiheit opfern müssen. Mehr Freiheit bedeutet, dass wir eine größere Auswahl an möglichen Entscheidungen haben. Doch die Entscheidung zu treffen ist immer mit einem Risiko verbunden (schau dir meinen Artikel zum Thema Entscheidungen bereuen an). Um das Risiko zu senken müssen wir die Sicherheiten wieder erhöhen.

Sicherheit oder Freiheit


Autonomie und Freiheit sind entscheidend für unser Wohlbefinden und die Wahl zu haben ist entscheidend für Freiheit und Autonomie. Dennoch, obwohl wir modernen Menschen  mehr Auswahl haben als jede Gesellschaft von Menschen zuvor und somit vermutlich mehr Freiheit und Autonomie, scheinen wir psychologisch nicht davon zu profitieren. Erkennbar ist der Trend der immer höher werdenden Auswahl schon seit Jahren. Klar, wenn unser Asiate um die Ecke jetzt 90 Gerichte anstatt 20 hat, erhöhen wir die Wahrscheinlichkeit, dass es jetzt ein Gericht gibt, das noch besser zu uns passt. Dies erzeugt dann aber wiederum neue Probleme:

  1. Explore-Exploit-Tradeoff. Wenn wir bei dem Gericht bleiben, das wir schon kennen, wissen wir mit Sicherheit, dass wir eine gute Wahl treffen werden (exploit = ausschöpfen). Durch die Möglichkeit ein neues Gericht zu probieren, bietet sich uns nun die Gelegenheit etwas zu finden, dass uns sogar noch besser schmeckt als unser voriges Lieblingsgericht (explore = entdecken). Wie wir uns entscheiden, wir lassen immer eine gewisse Opportunität auf der Strecke, also eine entgangene Chance.
  2. Paradox of Choice. Eine Entscheidung bringt immer einen Wert mit sich, der bei der Wahl freigesetzt wird. Durch eine größere Auswahl wird uns aber bewusst, dass es immer unwahrscheinlicher wird, die richtige Wahl zu treffen und den vollen Wert freizusetzen. Mit jeder dazugekommen Auswahl fühlt sich unsere Entscheidung weniger wert an, da wir wissen, was wir womöglich verpassen.

Unsere Mangel- und folglich Wachstumsgesellschaft führt dazu, dass wir zwangsläufig von allem mehr möchten müssen. Author Barry Schwartz beschreibt, dass das Verlangen nach mehr Auswahl zu weniger Glücklichkeit führt. Früher als gegeben gesehen soziale Konstrukte wie Familie oder Gemeinden verlieren weiter an Relevanz, was mit dem steigenden Freiheitsbedürfnis von Einzelpersonen korreliert. Andere Studien aus Stanford zeigen, dass Teilnehmer mit einer kleinen Auswahl eine höhere Zufriedenheit aufwiesen als die Teilnehmer mit einer großen Auswahl.

Sicherheit durch unser Ego als goldener Käfig

Welche schutzbedürftigen Freiheiten gibt es: Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Gedankenfreiheit -> für diese Freiheiten gibt es Sicherheit. Ist eine erst durch Absicherung erzeugte Freiheit wirkliche Freiheit? Es gibt wahrscheinlich niemanden der in unserer Gesellschaft echte Freiheit erfahren hat. Wir müssen uns bewusst werden, dass die absolute Freiheit des Menschen eine Illusion ist.

Freiheit beginnt im Kopf.

Und hört im Kopf auf. Vollständige Freiheit bedeutet, dass du frei von persönlichen oder gesellschaftlichen Bindungen bist. Aber wer ist das eigentlich, du?vIn der Psychologie wird die eigene Identität Ego genannt, die mentale Annahme unseres “Selbst”, was wir glauben wer wir sind. Das Ego ist unsere Vorstellung von der eigenen Persönlichkeit, Fähigkeiten, Lebenserfahrung und Beziehungen zu anderen Menschen – unser Welt- und Selbstbild. Für die meisten Leute ist es quasi unmöglich den Unterschied zwischen Ego und dem wirklichen Selbst wahrzunehmen.

Durch die Auflösung des Egos, einer sogenannten Ich-Auflösung oder Ego-Tod, können wir selbst erfahren, was sich hinter unseren Masken verbirgt. Ohne unsere Filter können wir die Welt sehen, wie sie wirklich ist. Während meinen persönlichen Ego-Tod-Erfahrungen habe ich selbst erlebt, warum ich oft nicht der bin, der ich sein möchte. Ich habe dabei zugeschaut, wie mein Geist funktioniert und habe erkannt, was ich bisher nicht erkennen konnte. Als ich mein Ego zurückgelassen habe, bin ich zu meiner wahren Natur zurückgekehrt und habe gelernt außerhalb der begrenzten dualistischen Realität meines Egos zu leben. Ich war wahrhaftig frei.

Freiheit in der Philosophie

In der praktischen Philosophie zeichnet sich ein erwachsener Mensch durch sein Könnensbewusstsein aus. Er kann in Allgemeinbegriffen denken und ihm steht dadurch ein Möglichkeitshorizont zur Verfügung, er kann handeln. Ein Hund oder ein Baby hingegen agieren immer mit Verhalten. Wenn der Hund sich freut wackelt er mit dem Schwanz, das Baby fängt an freudig zu lachen – ganz ohne Entscheidung. Erst durch Freiheit wird Verhalten zu einem Handeln. Sie ermöglicht es dem Menschen etwas auf Basis eines Zwecks oder Ziels umzusetzen und Handlungsalternativen abzuwägen.

Spannend ist auch noch die Unterscheidung zwischen positiver und negativer Freiheit. Oft sehen wir andere Menschen Dinge tun, die wir auch gerne tun würden, sind uns aber nicht bewusst, dass wir sie auch einfach tun könnten. Das nennt man dann negative Freiheit, also wenn sich die Freiheit in unserem Bewusstsein befindet, wir uns dessen aber nicht bewusst werden können. Ganz so wie ein Augapfel, der alles um sich herum sehen kann, nicht aber in sich selbst hineinschauen kann. Wenn eine Freiheit hingegen positiv wird, wandert sie vom Unterbewusstsein ins aktive Bewusstsein. Wir können nun selbst die Gesetze unserer Realität bestimmen und entscheiden, wie wir handeln wollen.

Innere Freiheit beschreibt die Freiheiten, die wir selbst entscheiden können. Dabei sind wir abhängig von äußeren Freiheiten, auf die wir keinen Einfluss nehmen können. Bedeutet, es gibt faktisch keine äußere Freiheit. Also können wir nur innere Freiheit beeinflussen? Stichwort: freier Wille. Uns muss klar sein, dass unser Gehirn mit seinen Neuronen und Synapsen im Prinzip wie ein extrem leistungsstarker Binärcomputer funktioniert. Millionen von Nervensignalen werden durch unsere Köpfe geschossen und erzeugen was wir Bewusstsein und Unterbewusstsein nennen.

So ein Computer zeichnet sich vor allem durch Determinismus aus, also der absoluten Vorhersagbarkeit seiner selbst. Dies mag für viele Leute abschreckend wirken und sie nehmen Abstand von der Vorstellung, keinen freien Willen zu haben. Der neuronale Determinismus beschäftigt sich mit den daraus resultierenden großen Fragen: Bedeutet das, es gibt letztendlich keine Freiheit? Haben wir also keinen Einfluss darauf, wie wir denken, wie wir handeln und wie wir leben?

Sicherheit oder Freiheit

Was ist Freiheit für dich?

Wir haben die Freiheit, selbst die eigene Freiheit zu bestimmen. Wir können uns aussuchen, ob wir eine Liebesbeziehung eingehen und damit gewisse Freiheiten gegen Liebe und Partnerschaft eintauschen. Es steht uns frei, Kinder zu bekommen und damit wieder einen großen Teil der eigenen Freiheit zu opfern. Uns steht es dann aber auch wieder frei, die abgegebene Freiheit zurück zu holen.

Es gibt so viele Ebenen auf denen wir Freiheit beschreiben könnten. Wir haben alle so unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen an sie und doch wünschen wir uns alle das gleiche: die Möglichkeit nach eigenem Ermessen zu Handeln. Schaut auch mal bei Wirelesslife vorbei, hier gibt es auch einen sehr guten Beitrag zum Thema: Was ist eigentlich Freiheit? Wann sind wir wirklich frei und wann sitzen wir im goldenen Käfig?

Für mich ist Freiheit vor allem eins: nicht müssen. Ich möchte selbst entscheiden, was ich wann, wo und mit wem tue. Absolute frei zu sein heißt das nicht, es heißt nur im Rahmen meines Handlungshorizontes zu agieren und negative Freiheit zu minimieren.

Es ist wie alles ein Prozess, der Weg zur Freiheit. Und solange ich die Freiheit habe, diesen Weg zu gehen, bin ich zufrieden.

Mich würde interessieren wie siehst du das, was ist für dich echte Freiheit?

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